Dies und Das über den Ascheberg
Meine Arbeitskollegen denken, wie mir erzählt wurde, ich sei völlig durchgeknallt. Im Dezember nur mit Gehilfe laufen aber im Winter mit dem Rad fahren. Eine Streckenlänge, vor der die Kollegen auch im Sommer zurückschrecken. Noch immer humpelt er, manchmal. Der Zusammenhang erschließt sich nicht unmittelbar. Schuld daran ist üblicherweise eine Überbelastung, eine Brevet oder ein Tanzvergnügen. Ich selber verspüre dann 3 oder 4 Tage Probleme. Danach geht es dann deutlich besser. Deshalb tue ich das. Das Ziel ist es wieder so fit wie früher zu werden. Die Brevetzeiten sind gut, wie im Jahr zuvor. Ich bin sogar noch etwas schneller. Wieso kann ich nicht sagen. Ich weiß es nicht.
Jetzt mache ich mich fertig für eine RAAM-Quali in Middlefart in Dänemark. Dankeschön lieber Veranstalter, dass Ihr mich starten lässt und dass diese Veranstaltung für Tandem und Liegerad zugelassen ist.
Warum? Ich hoffe es hilft dem einen oder anderen zu sehen, dass man auch nach Problemen wieder auf die Beine kommen kann. Mir selber macht das sich Verbessen am meisten Spaß. Sich zu Verbessern ist nach einem Unfall einfacher, als nach einem Rekord. Und wenn es mir noch gelänge zu zeigen, das mit Velomobilen ein RAAM nicht so eine Ochsentour ist, wie immer in den Büchern von Rennradfahrern beschrieben ist, dann wäre ich glücklich. Ein Rekord dort, bei der RAAM wäre nicht mein Ziel, aber durchaus möglich. Alleine kann ich das nicht schaffen. Ich brauche jeden. Vor allem brauche ich öffentliches Interesse. Geld wäre auch nicht schlecht. Mit einem größeren Sponsor rechne ich eher nicht.
Phönix aus der Asche?
Am 3.9.11 fuhr ich mit dem Milan in einen Graben. Dort war ein gemauerter Feldwegzugang, in den ich mit ca. 60km/h einschlug. Ich fuhr ohne Kabinenhaube aber mit Deckel. Im Velomobil riss das dünne Carbon vorne an mehreren Stellen ein. Mein Körper rutschte nach vorne und drückte mit den Knien ein Loch oben in die Karosse. Mit dem Oberkörper kam ich nach oben und blieb an der Einstiegskante rechts und links hängen. Der Tretlagermast riss ein, die Kurbel und das Kettenblatt stellte sich schräg. Das Kettenblatt wurde verbogen. Der Alurahmen bohrte sich tief in beide Knie. Die Kurbel oder das Kettenblatt scherte den Fuß ab. Tiefe, ca. 20 cm lange Schnitte in beiden Schultern. Schnitte von 30cm Länge unterhalb und in den Kniekehlen beiderseits. Dann noch eine längere Schnittverletzung an der linken Pobacke, 20cm lang aber nicht sehr tief.
Beim Aufprall muss es auch Druck auf den Brustkorb gegeben haben. Im Krankenhaus diagnostizierte man noch eine Thoraxprellung, die mir keinerlei Schmerzen machte. Die Auswirkungen in Form von Schwindelgefühl kam mir aber bekannt vor. 1976 hatte ich so etwas schon mal durchlebt.
Den Unfall erlebte ich in vollem Bewusstsein und konnte dem Rettungsdienst und den Ärzten im Klinikum Antworten geben. Zwischenzeitlich hatte ich um Sauerstoff gebeten. Aus der Narkose aufgewacht war ich schmerzfrei. Der rechte Fuß war gegipst, die Wunden an Schulter und Knien genäht. Mein Ruhepuls in der Intensivstation um die 100bpm, normal für mich 53bpm. Blutdruck gut, Sauerstoff gut. Um den Blutverlust auszugleichen bekam ich ein Eisenpräparat. Nach einem Tag Intensiv wurde ich auf die Normalstation verlegt. Die Wunden allesamt schmerzfrei. Danke an das Klinikum in Hildesheim mit Dr. Brüsch für allerbeste Versorgung.
Wenige Tage nach der OP lief ich mit Gehhilfen durch das Krankenhaus. Als der letzte Patient im alten Klinikum erlebte ich den Umzug zum neuen Klinikum. Im neuen Klinikum in der zweiten Woche gab es dann erstmalig für mich die Möglichkeit einbeinig auf einem Ergometer zu trainieren. Nach zwei Wochen kam ich nach Hause. Dort konnte ich einbeinig wieder Liegerad trainieren. Wenn ich linksbeinig zu lange und kräftig trat wurde jedoch der rechte Fuß dick. Zum Ausgleich machte ich Kniebeugen auf dem linken Bein neben Spaziergängen. Je länger die Krankheit dauerte, um so mehr baute mein Kreislauf und die Muskeln ab. Dann die zweite OP um Drähte zu entfernen. Ich bekam einen neuen Gips. Nach zwei Wochen kam der ab. Gelegenheit für mich zweibeinig auf dem Ergometer zu treten.
Erste Ausfahrten in der realen Welt folgten. Die beiden Gehhilfen über Lenker und Schulter. Mitte November ging es mir so gut, das ich einen Versuch unternahm wieder zu Arbeiten. Gleich am ersten Tag ein heftiger Rückschlag. Der Fuß war dick und schmerzte das erste mal überhaupt. Es folgte eine Woche gar kein Training. Am 3.12. dann der erste Arbeitstag. Verkürzt aus meinem Überstundenkonto dank Gleitzeit. Immer noch richtet sich Trainingslänge und Intensität danach, ob der Fuß wieder anschwillt.
Die anfängliche Beweglichkeit von 10 Grad ist inzwischen deutlich besser. Die Pulswerte sind heute mit 108bpm bei 160W so wie es sein soll. Beim Radeln bin ich generell schmerzfrei. Mein Trainingspensum aktuell knapp unter 3 Stunden im täglichen Durchschnitt. Es geht jeden Tag spürbar besser. Am besten geht es mir nach dem Radeln, am schlechtesten morgens nach dem Aufstehen.
Eggert Bülk hat meinen Weißen in Arbeit und ich gedenke diese Jahr mit dem Rad meine RAAM Qualifikation zu erneuern und meinen 24h Weltrekord von 2011 zu verbessern (WHPV und UMCA).